Immobilien von oben, Einfamilienhäuser, Wohnungen

Ach ja … die Immobilie. Irgendwie verbindet mich eine bisweilen irrationale Liebesbeziehung zur selbstgenutzten Immobilie. Vielleicht liegt es daran, dass ich ein sicherheitsorientierter Deutscher bin, vielleicht aber auch dass Wohnen in den eigenen Wänden (insbesondere im eigenen Haus) sehr viel mehr mit Emotionen als mit “spitzen Bleistift rechnen” zu tun hat. 

 

Immobilie zur Eigennutzung 

Diese ist mehr ein Konsumgut als eine Kapitalanlage. Hier gibt es zahlreiche gute und umfangreiche Berechnungen von Gerd Kommer oder auch Max Otte. Diese zeigen deutlich, dass es rein wirtschaftlich betrachtet sinnvoller ist, statt das Kapital in die selbstgenutzte Immobilie zu stecken, es anderweitig zu investieren (Aktien, fremdvermietete Immobilie) und auf der anderen Seite selbst “nur” Mieter einer Immobilie zu sein.

 

Immobilie als Kapitalanlage

Die sog. Maklerformel oder auch Faktor genannt dient dazu, sich einen schnellen Überblick über die Rentabilität eines Immobilieninvestments zu verschaffen. Sie setzt den Kaufpreis (ohne Kaufnebenkosten) und die Bruttomiete (also ohne Berücksichtigung von weiteren Kosten wie Instandhaltungsaufwand) in Relation.

Also z. B. 100.000 € Kaufpreis und Jahres-Mieteinnahmen von 5.000 € entsprechen 5% Mietrendite oder auch Faktor 20 (100.000 € geteilt durch 5.000 €)

 

Immobilien-Faktor-Strahl:

 

0____________Kauf_______15-17*________20 über 20_____________zu teuer, kein Kauf

 

*zum 15 bis 17fachen der Jahresmiete konnte man in der Vergangenheit durchaus gute Wohnimmobilien finden; mittlerweile wird z. B. im Münchner Speckgürtel das Doppelte dafür bezahlt, was für mich eindeutig auf eine Blasenbildung hinweist.

 

Im Bereich des grünen Strahls (als bis 20facher Kaufpreis der Jahresmiete) würde sich im derzeitigen Umfeld die Wohnimmobilie als Kapitalanlage bei einer 100%-Finanzierung selbst tragen.

Den Daumenwerten 2% Zins + 2% Tilgung + 1 % Instandhaltung stünden 5% Mieteinnahmen gegenüber. (z. B. € 100.000 Kaufpreis geteilt durch Mieteinnahmen von € 5.000= 20, dies entspricht wiederum 5% Mietrendite)

Würde man nur die Kaufnebenkosten (Makler, Grunderwerbssteuer, Notar, Grundbuchamt) durch Eigenkapital bezahlen und den Kaufpreis zu 100% fremdfinanzieren, würde sich die Wohnung selbst abzahlen.

Aber Vorsicht: So verlockend sich das auch anhört, muss uns auch hier klar sein, dass wir hiermit unser Eigenkapital “hebeln”. Dies ist ein großer Vorteil beim Vermögensaufbau und bei der Rendite auf unser Eigenkapital, aber auch ein Risiko, wenn der Standort schlecht gewählt ist oder sich nicht so entwickelt (Bevölkerungsentwicklung, Infrastruktur usw.) wie erwartet.

 

Vergleich mit der Aktienanlage

Ein Vergleich mit der Aktienanlage ist nur ohne Fremdkapitaleinsatz (=ohne Hebeln von EK) denkbar, da sich diese wie oben bereits erwähnt aus Risikogründen bei der Aktienanlage verbietet.

Wir unterstellen also, dass die nachfolgend erwähnten Beträge (Kaufpreis + Nebenkosten) vollständig mit Eigenkapital bezahlt werden.

 

Beispiel: Eine Aktie, die wir für 100 € kaufen können und der ein Gewinn von 5 € pro Aktie zugrunde liegt, hat ein KGV von 20. Das gleiche Verhältnis ergäbe sich bei einer Immobilie, die wir für 100.000 € kaufen können und die eine Nettokaltmiete von € 5.000 pro Jahr einbringt.

 

Ein solches “Immobilien-KGV” von 20 würde einer Rendite unseres Immobilieninvestments von 5 % entsprechen. Wie Sie wissen, ist dies mittlerweile an vielen Immobilienstandorten in Deutschland nicht mehr zu erzielen. Viele auch meiner Bekannten sind bereit, auch höhere “Immobilien-KGVs” zu bezahlen und somit niedrigere Renditen in Kauf zu nehmen. Allerdings muss man sich ebenso wie im Aktienbereich klarmachen, dass es sich dann um keine von vorneherein lohnende Investition handelt, die sich von sich aus rechnet, sondern mehr um eine Spekulation, die auf immer weiter steigende Immobilienpreise setzt. Nur wenn diese Spekulation auf die steigenden Immobilienpreise aufgeht, wird hieraus ein lukratives Geschäft. Sollten die Preise hingegen stagnieren, rechnet sich die gesamte Investition nicht wirklich, da Sie laufende Kosten für Instandhaltung u. ä. ja auch von den Mieteinnahmen bestreiten müssen. Sollten die Preise sogar fallen, kann es sich sogar um eine Fehlinvestition gehandelt haben. 

Hüten Sie sich hier vor dem Trugschluss, dass es sich um eine sichere Investition handelt, nur weil sie in Immobilien getätigt wurde.

 

Prof. Max Otte führt in seiner 2018 erschienen Neuauflage des Buches “Investieren statt sparen” (das ich Ihnen zur Lektüre übrigens empfehlen kann) aus, dass in einem Niedrigzinsumfeld ein “KGV” von 25 im Immobilienmarkt akzeptabel sei. Aber selbst das ist es in vielen deutschen Ballungszentren mittlerweile schwierig geworden.

Vor allem darf man sich hier nicht davon täuschen lassen, dass man denkt 4% (bei “KGV” 25) ist doch ganz okay, denn die wirtschaftlich für mich schlüssige Berechnung muss wie folgt aussehen: Ich untersuche genau, was habe ich an Gesamtkapitalaufwand inklusive Nebenkosten in das Objekt gesteckt und was erhalte ich an mit Mieterträgen abzüglich Instandhaltungsrücklage.

 

 

Letztendlich ist für mich aber auch im Immobilienbereich klar, dass wie beim Aktienkauf im Einkauf der Gewinn liegt. Aus meiner Sicht sollte eine Kapitalrendite von mindestens 5% bei einem Immobilieninvestment erzielt werden können. Hier können wir analog dem KGV eine eigene Kennziffer ermitteln. Hierbei entspricht dem Börsenkurs der Aktie dem Immobilien-Kaufpreis inklusive Kaufnebenkosten der Immobilie (K) und der Gewinn pro Aktie entspricht der Nettokaltmiete, die mit der Immobilie zu erzielen ist (G). Teilen wir K durch G ergibt sich das entsprechende Verhältnis (V).

 

Vor allem darf man sich hier nicht davon täuschen lassen, wenn man denkt 4% (bei “KGV” 25) ist doch ganz okay, denn die wirtschaftlich für mich schlüssige Berechnung muss wie folgt aussehen: Ich untersuche genau, was habe ich an Gesamtkapitalaufwand inklusive Nebenkosten in das Objekt gesteckt und was erhalte ich an Mieterträgen abzüglich Instandhaltungsrücklage.

 

Beispiel:

Kaufpreis 100.000 €  

+ Nebenkosten für Notar Makler Grundbuchamt 10.000 €

+ weitere einmalige Aufwendungen, um Objekt vermietbar zu machen € 10.000

Summe: 120.000 €

 

Mieteinnahmen p. a. 4.000 € 

./. Erhaltungsaufwand (z. B. 15%) 600 €

Rest p. a. 3.200 €

 

Ohne steuerliche Betrachtung lägen wir statt unserer vielleicht gedachten 4% auf einmal bei nur noch 2,66% bei meiner simplen Input-Output-Rechnung. Selbst bei 5% lägen wir nach obiger Berechnung nur bei einer effektiven Rendite von 3,54%.

Der Aktienmarkt wirft durchschnittlich zwischen 8 bis 10% mit einer vergleichbaren Buy-and-Hold-Strategie ab.



Fazit: Letztendlich wird deutlich, dass ohne das Hebeln (also den Einsatz von Fremdkapital beim Immobilienerwerb) die Immobilie gegenüber der Aktienanlage nicht den Hauch einer Chance hat. Der Charme der Immobilienanlage liegt hingegen in der Möglichkeit den Vermögensaufbau von z.B. 100.000 € durch einen Einsatz von z.B. nur 10.000 € (für die Kaufnebenkosten) zu erreichen.

So etwas wäre im Aktienbereich undenkbar, da sich hier generell der Fremdkapitaleinsatz (=Hebeln) unter Risikogesichtspunkten verbietet. 

 

Hinweis 5/22:

Weil ich zuletzt oft danach gefragt wurde: Ich würde von einer 100% oder gar 110%-Finanzierung aus Risikogesichtspunkten abraten.

Ich persönlich fände unter Chancen-Risko-Einschätzung am interessantesten, neben den Nebenkosten noch weitere 10% bis 20% als Eigenkapital einzubringen. So würde man bei einem 100.000 € Investment ja immer noch mit Fremdkapital in Höhe von 80.000 € bis max. 90.000 € arbeiten.

 

Update 8/23:

In diesem Zusammenhang las ich einen interessanten Blogartikel, wo jemand 4 Wohnungen finanziert hat und sich nach meinem Eindruck ziemlich in das Thema eingearbeitet hat. https://timschaefermedia.com/sebastian-34-verdient-mit-gattin-beide-im-hoeheren-dienst-9-000-euro-netto-sie-besitzen-4-wohnungen-kaufen-etfs/

Der für mich interessanteste Passus in diesem lesenswerten Blogartikel war folgender:

"Der Fremdkapitaleinsatz lag jeweils bei ca. 85%, was ich aus Risiko-Rendite-Gesichtspunkten für optimal halte. Außerdem ist bei Finanzierungen ab ca. 90% mit einem sehr deutlichen Zinsaufschlag zu rechnen."

Das kann ich genauso unterschreiben. Übrigens ... die Kombination von Kaufnebenkosten aus Eigenkapital und weiteren 15% aus Eigenkapital bezahlen und somit 85% fremdfinanzieren, praktiziert nach meinem Wissensstand auch Gerald Hörhan (Investmentpunk), der ja ein ausgewiesener Immobilienexperte ist.