Strategie beim Spekulieren

Spekulieren Spekulation Erwartungswert Würfelspiel

Sie sind ein eher risikofreudiger Typ und wollen neben dem soliden Investieren auch mit einem Teil Ihres Geld riskanter bis hin zu einem möglichen Totalverlust unterwegs sein, aber eben auch entsprechende überdurchschnittliche Chancen nutzen? ... nun gut ...

 

Legen Sie, wenn Sie spekulieren wollen, vorab fest, wie Sie sich verhalten wollen. Wenn das Geld bereits in dem Spekulationsobjekt "steckt", sind Sie oft emotional bereits so involviert, dass es dann nicht mehr so leicht gelingen wird, dies in Ruhe zu überlegen

z. B. Wenn die Spekulation sich verdoppelt, nehme ich die Hälfte vom Tisch und lasse den Rest einfach weiterlaufen.  (Aus 500 € werden 1.000 €; sie ziehen 500 € ab und lassen die restlichen 500  € weiterlaufen).

z. B. Wenn die Spekulation sich verdreifacht, nehme ich den Einsatz vom Tisch und lasse den Rest einfach weiterlaufen. (Aus 500 € werden 1.500 €; sie ziehen 500 € ab und lassen die restlichen 1.000  € weiterlaufen).

Diese beiden vereinfachten Beispiele sollen nur deutlich machen, wie Sie grundsätzlich an die Sache herangehen sollten; sie dürfen hierbei aber natürlich die steuerliche Belastung beim Verkauf nicht vergessen.

Schreiben Sie sich Ihre Festlegung ruhig auf und ziehen es dann, wenn der Fall eintritt, auch so durch! 

 

Unterscheiden Sie zwischen einer langfristigen Investition und einer Spekulation. 

Bei einer langfristigen Investition kann ich z. B. die Beteiligungsgesellschaft von Warren Buffett Berkshire Hathaway kaufen und diese ewig über Jahrzehnte einfach liegen lassen. Das dürfte mir als Investor gar nicht so schlecht bekommen, da Berkshire Hathaway regelmäßig den Vergleichsindex S&P 500 geschlagen hat und wenig Verlustjahre zu verzeichnen waren.

Anders ist es jedoch, wenn Sie eine Spekulation betreiben. Dann sollten Sie dieses Investitons-Mindset nicht anwenden. Hier würde ich versuchen, nach Buchgewinnen meinen Einsatz herauszunehmen und dann quasi umsonst weiter zu spekulieren. Sollte dann das Spekulationsobjekt wertlos werden, ist nicht das dramatisch.

Fehler, die ich in diesem Zusammenhang gemacht habe: Ich kaufte im Jahr 2000 Neuemissionen der DAB-Bank und von Infineon, behandelte diese jedoch wie meine soliden Investments in Coca Cola, Procter & Gamble, Microsoft, Johnson & Johnson, Lóreal usw.

Das war ein Fehler, vor allem weil mir der spekulative Charakter durchaus bewusst war. Hätte ich zwischen Investition und Spekulation unterschieden und folglich bei beiden Werten den Einsatz herausgenommen, wären zwar im Nachgang die Aktien auch abgestürzt. Allerdings hätte ich dann immer noch mit einem Gewinn aussteigen können oder diese einfach entspannt weiter liegenlassen können, da ich ja kein Geld verloren hatte. 

 

Exkurs: Erwartungswert (=durchschnittlichen Erlös) berechnen bei Spekulationen

Es empfiehlt sich bei jeder Spekulation Chance und Risiko und auf dieser Basis den sog. Erwartungswert zu berechnen. Die Formel dazu lautet:

 

E=(GxGW) - (V*VW)

 

E ist der Erwartungswert, also der durchschnittliche Erlös, den wir erwarten dürfen

G ist der Gewinn, der im Positivszenario eintreten kann.

GW ist die Gewinnwahrscheinlichkeit, mit der dieser Gewinn erzielt wird

V ist der Verlust, der im Negativszenario eintreten kann.

VW ist die Verlustwahrscheinlichkeit, mit der dieser Verlust erzielt wird

 

Grau ist alle Theorie, deswegen ein paar Beispiele:

 

a) Wir erwägen eine Spekulation in den Bitcoin, wir setzen 1.000 € ein.

Wir schätzen die Möglichkeit auf eine Verzehnfachung (und damit 9.000 € Gewinn) auf 50%, die Möglichkeit einen Totalverlust zu erleiden ebenfalls auf 50%.

E=(9.000 € x 0,5) - (1.000 € x 0,5)

4.500 € - 500 € = 4.000 € Erwartungswert (=durchschnittlicher Erlös)

 

Alternativ geht uns eine Spekulation in Thyssen-Krupp durch den Kopf. Momentan 12/19 notiert die Aktie bei ca. 12 €. Es ist kein Geheimnis, dass alleine die vorhandene Aufzugsparte ungefähr 20 € isoliert betrachtet wert sein soll. Wir schätzen den Gesamtwert von Thyssen-Krupp auf das Achtfache, wenn man das Unternehmen in seine Einzelteile zerlegen und diese z. B. gesondert an die Börse bringen würde. Dies ist natürlich auch ein Szenario, das nicht von heute auf morgen eintreten wird. Deswegen durchaus vergleichbar mit der Bitcoin-Spekulation.

 

b) Wir erwägen eine Spekulation in Thyssen-Krupp, wir setzen 1.000 € ein.

Wir schätzen die Möglichkeit auf eine Verachtfachung (und damit 7.000 € Gewinn) auf 50%, die Möglichkeit eine Halbierung zu erleiden (also 500 € zu verlieren) ebenfalls auf 50%.

E=(7.000 € x 0,5) - (500 € x 0,5)

3.500 € - 250 € = 3.250 € Erwartungswert (=durchschnittlicher Erlös)

 

Wenn wir nun die beiden Varianten a)+b) vergleichen, wäre auf dieser Basis die Spekulation in den Bitcoin die aussichtsreichere Spekulation 

 

Der Erwartungswert misst im Wesentlichen den durchschnittlichen Erlös, den wir erzielen werden, wenn wir die Handlung enorm viele Male durchspielen würden. 

Dummerweise führen wir jede Spekulation nur einmal durch. Dennoch macht es Sinn den Erwartungswert zu optimieren bzw. sich immer am höchsten Erwartungswert zu orientieren. Ein Argument immer den Erwartungswert zu optimieren ist das Gesetz der großen Zahlen/Law of Large Numbers: Wenn wir bei jeder einzelnen Entscheidung den Erwartungswert optimieren, wird unser Gesamtgewinn praktisch garantiert am höchsten ein.

 

Viele werden nun einwenden, dass das Ergebnis ja maßgeblich davon abhängt, wie wir die Gewinn- und Verlustwahrscheinlichkeit einschätzen und dass wir hier ja völlig falsch liegen können.

Das ist absolut richtig. Auf der anderen Seite frage ich mich, was besser ist: Einfach “ins Blaue hinein” zu spekulieren oder sich -bei aller Fehlbarkeit- in Ruhe zu überlegen, wie hoch die Gewinn- und Verlustwahrscheinlichkeit sind. 

Auf dieser Basis wird ein Erwartungswert errechnet, der mir isoliert betrachtet sagt, ob sich eine Spekulation überhaupt lohnt und vergleichend betrachtet herausarbeitet, welche von mehreren Spekulationen die lohnendere ist.

 

Hierzu ein letztes Beispiel: 

Ein anderer Spekulant schätzt die Spekulation b) ThyssenKrupp genau wie oben ein, die Bitcoin-Spekulation unter a) jedoch wie folgt:

c) Möglichkeit auf eine Verzehnfachung (und damit auf einen Gewinn von 9.000 €) auf 30%, die Möglichkeit einen Totalverlust zu erleiden auf 70%.

E=(9.000 € x 0,3) - (1.000 € x 0,7)

2.700 € - 700 € = 2.000 € Erwartungswert (=durchschnittlicher Erlös)

Für diesen Spekulanten ist eindeutig die Thyssen-Krupp-Spekulation interessanter.

 

Ich hoffe, ich konnte Sie bei aller Fehlbarkeit unserer Annahmen davon überzeugen, dass es sinnhaft ist, bei Spekulationen diese unbedingt anzustellen.

 

Bei Investitionen in Aktien, wie es im Hauptteil des Buches beschrieben wird, ist diese Berechnung entbehrlich, da wir relativ aufwändig die Qualität des Unternehmens ermitteln werden. Dann werden wir mit meinem Kaufsystem versuchen, diese hohe Qualität günstig zu kaufen.

Deswegen ist von vorneherein das Rückschlagspotential überschaubar und die Qualität so hoch, dass wir bei Rücksetzern ohnehin nicht verkaufen, sondern im Idealfall beherzt nachkaufen werden.

(Dies würde ich bei den vorgenannten Spekulationen Bitcoin und Thyssen-Krupp nie machen. (Die Finanzzahlen von Thyssen-Krupp sind nicht wirklich gut, es ist definitiv kein Qualitätsunternehmen, dass sich für den langfristigen Vermögensaufbau eignet; der Bitcoin ist mangels Geschäftsberichten o. ä. nicht so gut für mich einschätzbar).   



 

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