Wie gehe ich vor, wenn ich eine größere Geldsumme am Aktienmarkt anlegen möchte (aus Erbschaft, Abfindung, Immobilienverkauf u. ä.)
Arbeiten wir aus Vereinfachungsgründen mit einer Summe von € 100.000, die zur Investition für den Aktienmarkt bereitsteht.
Rein wissenschaftlich betrachtet ist die Sache einfach ... man sollte die ganzen 100.000 € sofort investieren, damit das gesamte Kapital so schnell wie möglich an der Wertentwicklung der Aktienmärkte teilnimmt.
Das ist aber psychologisch aus meiner Sicht extrem belastend, da man immer auch die Angst im Hinterkopf hat, dass genau nach diesem “All in“ ein großer Crash kommt oder sich zumindest viel bessere Kaufgelegenheiten in naher Zukunft ergeben.
Deswegen wäre meine Idee, wie folgt vorzugehen:
1) 50% sofort investieren, damit das Geld so schnell wie möglich an der Wertentwicklung teilnimmt. [50.000 €]
2) 25% über 3 Jahre strecken [25.000 €] (700 € p. m. über 3 Jahre z. B. in ETF-Sparplan)
3) 25% Cash für gute Kaufgelegenheiten bereithalten [25.000 €]
zu 1) Kaum habe ich oben “sofort” geschrieben, muss ich es gleich wieder relativieren. Einen Sicherheitscheck würde ich vorher noch zum Sentiment durchführen. Ich würde hierzu den Fear and Greed Index (F&G) betrachten, welcher über sieben Subindikatoren versucht, die Stimmung am Aktienmarkt auszumachen.
Ich würde nicht gerade die Hälfte des Gesamtkapitals investieren, wenn der Fear and Greed Index über 60 (Greed oder Extreme Greed) notiert. Gerade extreme Übertreibungsphasen (z. B. ein F&G über 75, über 80 oder mehr) halten sich oft nur wenige Wochen. Genau in diese kurzfristige Übertreibung würden wir mit der Hälfte des Kapitals hineininvestieren. Folglich würde ich erst eine Beruhigung des Marktes abwarten und die 50% der großen Geldsumme in den Markt investieren, wenn der Fear and Greed Index sich wieder unter 60 befindet.
Bei 2) stellt sich diese Problematik nicht. Der Sparplan läuft einfach über 3 Jahre, so dass in kleinen Tranchen insgesamt ein weiteres ¼ investiert wird. Hier immer auf den F & G Index zu achten, erscheint mir überzogen.
Ist es nicht sinnvoller erst zu investieren, wenn eine Krise/Börsenkorrektur/Crash kommt und dann voll in den Aktienmarkt einzusteigen?
Wenn die Aktienmärkte sich auf einem hohen Niveau befinden und seit vielen Jahren von einem Rekord zum nächsten eilen, ist genau diese Überlegung sehr verlockend.
Psychologisch dürfte dies aber sehr schwierig werden. Man müsste mit seinem Gesamtkapital zu einem Zeitpunkt in den Markt, nachdem dieser massiv eingebrochen ist und die Nachrichtenlage somit extrem schlecht und pessimistisch ist. Immer mehr zweifeln in solchen Phasen grundsätzlich an Aktien und ob man jemals wieder die alten Kurse sehen wird.
Ganz abgesehen von den psychologischen Problemen, die sich dann stellen würden, gibt es auch eine ganz handfeste mathematische Argumentation gegen diese Überlegung.
Es ist schlicht und einfach sehr teuer, nicht investiert zu sein. Da ich weiß, dass viele mit dieser abstrakten Aussage sich sehr schwer tun, habe ich zum Verdeutlichung ein kleines Rechenbeispiel erstellt:
Hierzu müssen wir folgendes wissen: Die durchschnittliche Rentabilität der Unternehmen liegt bei 7-8% p.a. (Unternehmensgewinne, die dort anfallen); das entgeht mir folglich, wenn ich nicht investiert bin.
Beispiel: 10.000 € nicht investiert
1. Jahr. 8% Gewinnentgang: Aus 10.000 € wären 10.800 € geworden
2. Jahr 16% Gewinnentgang: Unser Vermögen läge nach 2 Jahren bei 11.664 €
3. Jahr 24% Gewinnentgang: Unser Vermögen läge nach 3 Jahren bei 12.597 €
Bereits nach 3 Jahren, die ich investiert war, könnte ich mir einen Börseneinbruch von 20% "leisten".
12.597 € x 0,8 = 10.078 €
Ich hätte immer noch mehr nach dem Einbruch von 20%, als wenn ich nicht investiert hätte.
Nach 7 Jahren kann ich mir einen Crash von 40% leisten und habe immer noch mehr als wenn ich nicht investiert hätte. 17.138 € x 0,6 = 10.283 €
Nach 9 Jahren Investionsdauer kann ich mir einen Crash von 50% leisten und es kommt sallopp gesagt aufs Gleiche raus, ob ich investiert habe oder nicht
9. Jahr Das Vermögen hat sich ziemlich genau auf 19.990 € verdoppelt.
Geld nicht investiert ./. Geld investiert, verdoppelt in 9 Jahren
auf Crash gewartet. Crash halbiert Geldbetrag wieder
Cash 10.000€ Depotwert 9.995 €
Aus all dem kann man schön ersehen, dass der erste naheliegende Impuls, das Pulver bis zu einem Crash trockenzuhalten und erst dann voll in den Markt einzusteigen, nicht die cleverste Variante ist.
Sollten Sie noch auf der Suche nach dem richtigen Aktienbroker oder einem weiteren Depot sein, vielleicht können Ihnen meine Erfahrungen weiterhelfen: Erfahrungen mit verschiedenen Aktienbrokern übersichtlich mit Plus/Minus dargestellt.
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